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    Condition: Gut. 181 S.; Illustr.; 22,5 cm; fadengeh., goldgepr. Orig.-Leinenband. Gutes Ex.; Einband berieben. - Arbeitsexemplar Hansdieter Heilmann (1943-2019), Widerstandsforscher u. libertärer Dokumentarist; mit Beilagen u. wenigen Bleistift-Anstreichungen. - Das erste Mal, als ich ihn sah, kehrte er von seinem Morgenspaziergang zurück. Das war in Jasjana-Poljana, im Frühling und im Monat Mai. Ich war sehr ergriffen. Ich war es schon seit einer Stunde, denn der alte Diener hatte mich vorbereitet: "Er wird allem Anschein nach durch die Allee zurückkehren", hatte er bemerkt, indem er die doppelte Linie der alten Linden bezeichnete; "seit einigen Tagen geht er immer auf jene Seite." Durch diese Allee kam er in der Tat geschritten. Zuerst gewahrte ich nichts als einen weissen Tupfen Licht, ganz klein, wie die Kringel, die die Sonne zwischen den Bäumen auf eine Mauer hängt. Zugleich aber verspürte ich einen heftigen Stich in der Gegend des Herzens, und dieser Stich Hess keinem Zweifel Raum, dass er es war. Gern hätte ich mich ihm entgegengeworfen, und doch überfiel mich zugleich ein unzähmbarer Drang, ihn zu fliehen. Ich blieb wie angewurzelt bei der Balustrade stehen, denn seine erlauchte Gegenwart hatte mich in einen Ölgötzen verwandelt. Meine Augen waren auf den wachsenden weissen Fleck geheftet, der sich wechselweise vom Schatten der Linden in das Licht hinausschob. Er näherte sich langsam, indem er sich ein wenig auf seinen Stock stützte, nicht so wie ein Greis, dem der Stock als Krücke dient, sondern eher wie ein etwas müder Wanderer. Ich konnte seine Züge noch nicht unterscheiden und doch erkannte ich schon seine Silhouette, die mir vertraut war, wie tausend anderen seiner Verehrer. Endlich trat er aus dem Lindengang hervor auf den hell übersonnten Spielplatz, auf den mit gelbem Sand bedeckten Boden. Und plötzlich wurde er gross, sehr gross. Das war Jupiter in seinem Olymp, vielleicht auch einer der Apostel, von der Lichtfülle Gottes überflutet. Jetzt konnte ich auch sein Gesicht betrachten, den grossen weissen Bart, die machtvolle Nase und seine tiefliegenden, durch die Brauen halb verhüllten Augen, aus denen sich ein Blick löste und sich - für die Dauer weniger Sekunden - auf mir niederliess. Ich wurde noch verwirrter. Sein Gesicht wuchs ins Unermessliche. In der Hand, die den Stock hielt, trug er einige Feldblumen, auf dem Kopf - tief ins Gesicht gedrückt - eine eigenartige und zerbeulte Mütze aus weissem Leinen, in einer Lage, die in keiner Beziehung zu seinen Zügen stand. Zugleich erkannte ich die Einzelheiten seiner Kleidung: den schmalen Ledergürtel, die schwarze Kordel, die er um den Hals geschlungen hatte und die in der kleinen Tasche (in der Nähe des Herzens) endigte, in der die Uhr schlug; auch seine weichen Schaftstiefel sah ich wohl. Aber ich sollte mich ihm nähern, ein Wort wagen oder eine Gebärde. Ich konnte es nicht. In diesem Augenblick stürzte sich Serioja, mein Schüler und der Enkel des Dichters, mit einer - wie mir schien - beleidigenden Familiarität dem Greis entgegen. - Guten Tag, Grossvater! - Guten Tag Serioja! Da bist du wieder. Wie geht es immer ? Dann wendet sich Tolstoi mir zu; er reicht mir die Hand und sagt auf französisch: - Sie sind der neue Lehrer von Serioja, denke ich. Seien Sie willkommen. Sie sind Schweizer? Er zeigt, er schenkt mir seine Blumen. - Schauen Sie, wie schön sie sind. Es sind nur einfache Blumen, gepflückt am Rande der Strassen. Er wendet sich der Galerie zu, er tritt in das Haus, und ich höre noch das leise Geräusch seiner Schuhe auf dem Fussboden. Ich habe mich nicht gerührt; ich habe kein Wort gesagt. Ich halte seine Blumen in der Hand. Sie neigen die Köpfe, sie haben Durst; es sind drei Kleeblumen, Massliebchen und Ehrenpreis. Ihre Stengel sind noch heiss von der Hand, die sie gepflückt und die sie mir schenkte; von der sanften und feuchten Hand des Greises, die braun und sommersprossig auf der Aus-senseite ist und ganz rosig, wie die Hand eines Kindes, im Innern. . (S. 13/14) Sprache: Deutsch Gewicht in Gramm: 550.